Auswirkungen von Coronavirus SARS-CoV-2 / COVID-19 auf IT-Verträge
— 14. März 2020 0 293Auswirkungen von Coronavirus SARS-CoV-2 / COVID-19
Die aktuelle Pandemie hat massive Auswirkungen auf alle Unternehmen. Konferenzen werden abgesagt, Mitarbeiter sind im Homeoffice, der Flugverkehr wird eingeschränkt, Schulen werden geschlossen. Die Folgen sind immens. Mitarbeiter kommen entweder nicht zum Arbeitsplatz oder können – weil Schulen, Kindertagesstätten und Horte geschlossen sind – nicht zur Arbeit kommen. Nicht alle Arbeiten können im Homeoffice übernommen werden.
Absehbar ist, dass viele Unternehmen vertragliche Verpflichtungen nicht werden einhalten können. Termine müssen verschoben werden, Fristen werden versäumt.
Damit stellt sich die Frage, wer für diese Schäden haftet, ob Verzugsschäden zu erstatten oder Vertragsstrafen zu zahlen sind.
Höhere Gewalt im Vertrag
Viele Verträge haben ausdrückliche Regelungen für den Fall höherer Gewalt. Darin wird meist formuliert, dass Vertragspartner, wenn sie an der Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Vertrag durch den Eintritt von unvorhersehbaren, außergewöhnlichen Umständen gehindert werden, die sie trotz der ihnen zumutbaren Sorgfalt nicht abwenden können, Fristen nicht einhalten müssen. Als Beispiele werden meist Betriebsstörungen, Streik, behördliche Anordnungen etc. genannt. Die Pandemie wird man zu diesen außergewöhnlichen Umständen rechnen können.
Höhere Gewalt ohne Vertragsklausel
Nicht in jedem Vertrag sind solche Klauseln enthalten. Was passiert, wenn man nicht vorgesorgt hat?
Es kann aufgrund der Pandemie passieren, dass vertragliche Verpflichtungen nur verspätet erbracht oder gar nicht eingehalten werden können. Werden Fristen nicht eingehalten, sehen die Verträge häufig vor, dass Verzugsfolgen getragen werden müssen. Verzug setzt allerdings voraus, dass vertragliche Verpflichtungen schuldhaft nicht eingehalten werden. Die oben angesprochenen Vertragsklauseln zu höherer Gewalt sind daher letztlich nur ausdrückliche Regelungen dessen, was auch nach dem Gesetz gilt. Wer aufgrund außergewöhnlicher Umstände gehindert wird, seine vertraglichen Verpflichtungen einzuhalten, handelt nicht schuldhaft. Die von Coronavirus SARS-CoV-2 / COVID-19 ausgelöste Pandemie kann sicher solche außergewöhnlichen Umstände auslösen. Die Entwicklung ist derart dramatisch, dass kaum der Vorwurf erhoben werden kann, Unternehmen hätten sich darauf vorbereiten können. Soweit Fristen wegen der Pandemie oder der dadurch ausgelösten Konsequenzen versäumt werden, fehlt es daher am Verschulden und es kommt nicht zum Verzug.
Ohne Verzug besteht auch keine Verpflichtung, die für den Fall des Verzuges vertraglich vereinbarten Konsequenzen zu tragen.
Auch eventuell vereinbarte Vertragsstrafen werden nur fällig, wenn schuldhaft gegen die vertraglichen Verpflichtungen verstoßen wird.
Produktionsausfall
Konsequenz kann nicht nur sein, dass die Leistung verspätet erbracht werden. Denkbar ist auch, dass bestimmte Leistungen gar nicht erbracht werden können. Leistungen können auch so zeitkritisch sein, dass die Verzögerung zur Unmöglichkeit führt. Kann eine bestimmte Leistung nicht erbracht werden, wird man von der Verpflichtung befreit. Dies gilt nicht nur dann, wenn dieser Leistung überhaupt für niemanden erbracht werden kann, sondern auch, wenn nur das verpflichtete Unternehmen nicht in der Lage ist, beispielsweise weil die Mitarbeiter erkrankt sind oder aus anderen Gründen nicht arbeiten können. Voraussetzung ist allerdings, dass die Pandemie tatsächlich die alleinige Ursache ist. Da das Verschulden grundsätzlich bei Fristversäumnis vermutet wird, muss das Gegenteil bewiesen werden.
Zu beweisen ist auch, dass keine organisatorischen Maßnahmen möglich waren, um die Verzögerung zu verhindern. Dazu gehört auch, dass bestimmte Arbeiten im Homeoffice übernommen werden können. Mitarbeitern, die Kinder zu betreuen haben, könnte man auch alternative Betreuungsangebote machen. Immer stellt sich auch die Frage, wie Betriebe grundsätzlich für unvorhergesehene Fälle aufgestellt sind. Die Pandemie war nicht vorhersehbar, entschuldigt aber auch nicht alles.
Man muss zwar dann die Leistung nicht mehr erbringen, verliert aber auch umgekehrt den Anspruch auf die Vergütung. Im Einzelfall müssen auch Anzahlungen oder Teilzahlungen zurückgezahlt werden.
Keine allgemeine Ausrede
Die Pandemie ist keine allgemeine Ausrede für möglicherweise anderweit verursachte Probleme. Die Versuchung mag zwar groß sein, bereits notleidende Projekte mit dem Hinweis auf die Pandemie wieder in sicheres Fahrwasser zu bringen. In gewissen Grenzen mag es sein, dass Vertragspartner aktuell größere Geduld und Toleranz mitbringen.
Zumutbare Anstrengungen
Auch im eigenen Interesse müssen alle zumutbaren Anstrengungen alle denkbaren Maßnahmen ergriffen werden, um Verzögerungen und Ausfälle in der Produktion zu vermeiden. Selbst wenn Kunden grundsätzlich Verständnis für Probleme haben, erwarten sie doch konstruktive Lösungen. Auch rechtlich ist das Verschulden nur ausgeschlossen, wenn Verzögerung oder Ausfall ausschließlich durch die Pandemie verursacht wurden und keine zumutbaren Anstrengungen dies hätten verhindern können. Auch das muss der Unternehmer beweisen, der sich auf die Ausnahme beruft. Hierzu muss im Zweifel detailliert zu den Abläufen im Unternehmen und den konkreten Auswirkungen der Pandemie auf das Unternehmen vorgetragen werden.
Viele Einzelfragen
Dies ist nur ein sehr grober Überblick, wie man ihn in der Kürze der Zeit und angesichts der schnellen Entwicklung formulieren kann. Viele Einzelfragen bleiben noch ungeklärt. Daher werden wir in den nächsten Tagen immer wieder neue Informationen hier bereitstellen.